WIE man Ein Fertige Interpretation nachbaut.
Im folgenden Szenario wird die Interpretation eines Musikstücks mit Notationssoftware und virtuellen Instrumenten „nachgebaut“. Ziel ist es, mit möglichst geringem Aufwand an die Qualität einer Live-Aufnahme heranzukommen und dabei die „Tweaks“ der Software intensiv zu nutzen.
Musik: Edvard
Grieg: Beginn von „Aus Holbergs Zeit - Suite im alten Stil“, op. 40, Präludium
für Streichorchester (Ausschnitt ca. 45 Sekunden).
Grieg schrieb das Original für
Klavier, die Bearbeitung für Streichorchester folgte später.
Bei YouTube gibt es einige
Interpretationen für Klavier oder Streicher. Hier eine Auswahl, z.B.:
Fassung für Klavier solo: Peter Jablonski, piano
Fassung für Streichorchester: Norwegian Chamber Orchestra
Fassung
mit Noten: 'A Far Cry' String Ensemble
Hier die Partitur in moderner Notation:
Egal ob man die Rhythmusfigur der hohen Streicher in eine DAW-Spur oder in ein Notationsprogramm eingibt oder einspielt, die Auswahl des passenden Sounds ist gar nicht so einfach. Im Video sieht man, wie „luftig“ die Spieler die Sechzehntelnoten spielen und wie wenig Bogen(länge) sie dafür benötigen. Außerdem werden die Achtelnoten unterschiedlich laut gespielt, je nachdem, ob sie „fortepiano“ oder mit Akzent gespielt werden oder nicht. Streicher lösen diese Aufgabe, indem sie den Bogen ab einer bestimmten Geschwindigkeit nicht mehr „hin und her“ bewegen, sondern ihn springen lassen (spiccato). Es dürfte nun klar sein, dass für diese Art von Rhythmus eigentlich zwei verschiedene Sounds notwendig wären.
Wer anstelle der Bordmittel mit Sounds
anderer Hersteller arbeitet, findet in den eigenen Soundbibliotheken sicher die
passende Lösung. Oft
stimmen die Bezeichnungen der Artikulationen bei den unterschiedlichen Produkten
nicht überein, aber in den Kategorien findet man meist schnell die Lösung und
die entsprechenden Keyswitches.
Hier ein Auszug für Streichinstrumente
aus drei verschiedenen Produkten:
Im
Projekt Dynamic_Scores werden
Lösungsmöglichkeiten gezeigt, wie mit relativ geringem Aufwand „gut
klingende“ Partituren erstellt werden können.
Die Partitur, aus der das Audio gerendert wurde, unterscheidet sich optisch nicht wesentlich von der Partitur von Edvard Grieg. Sie wurde an Stellen, an denen sich die Spielweise oder die Dynamik ändern, mit Texten zu Technik und Ausdruck ergänzt.
Je nach verwendeter Software unterscheiden sich die Angaben im Detail. Das liegt daran, dass Notationsprogramme einerseits und Soundbibliotheken andererseits unterschiedliche „Befehle“ für Techniques und Expressions benötigen. Ein Tippfehler kann dazu führen, dass der programmierte Keyswitch nicht aktiviert wird.
Dorico, Finale, Notion oder Sibelius bieten die Möglichkeit, Text zu „verstecken“. Dies hat den Vorteil, dass Keyswitches, die nicht mit einem bestimmten Textwort verknüpft sind, aber vom Sound-Plugin angeboten werden, ausgeführt werden können, während der eventuell etwas kryptisch klingende Befehl verborgen bleibt.
Der Grund dafür ist, dass die für die Notensatzprogramme angebotenen Soundsets oft nicht alle verfügbaren Keyswitches enthalten. In diesem Fall muss man sich mit einigen Tricks behelfen, die man in den Benutzerhandbüchern oder Userforen findet.
Hinweis: Die farbigen Bezeichnungen haben einen Einfluss auf die ausgewählte Soundbibliothek. Das Ergebnis klingt mit anderen Soundbibliotheken erwartungsgemäß anders. Bezeichnungen, die wiederholt auftreten, werden nicht noch einmal erwähnt.
Takt 1: Die tiefen Streicher erhalten statt der Bezeichnung ffp die Bezeichnung fp, da im Notationsprogramm ffp als Expression Text nicht definiert
ist. Man könnte aber die Bibliothek um den Begriff ffp erweitern.
Takt
1: Die hohen Streicher erhalten den Technique Text staccato oder spiccato,
je nach Vorhandensein in der Klangbibliothek.
Hinweis: Sollten die
Achtelnoten zu kurz oder zu lang klingen, könnten die tatsächlichen Klangdauern
dieser Notenwerte individuell verändert werden - dies wurde bei der
vorliegenden Klangquelle nicht
gemacht.
Takt 5-7: Der Text Crescendo wird durch eine Crescendo-Linie ersetzt, mit der das Notensatzprogramm die
Dynamik präzise verändert.
Takt 8-9: Die Bezeichnung ord.
(Abkürzung von ordinario = normal) setzt den Player der Software auf die
Ausgangsartikulation (hier: „sus vibr“) zurück. Wenn man dies vergisst, kann es
sein, dass die zuletzt gewählte Artikulation aktiv bleibt. Wie oben
beschrieben, kann man den Text ord.
auch ausblenden.
Unter
portamento versteht man hier das Hinaufgleiten
des Fingers zum Ton „f“, wobei nicht alle Zwischentöne wie beim glissando zu hören sind. Erklärungen zu
dieser Spieltechnik findet man auch auf YouTube.
Anschließend
ist es sinnvoll, diese Artikulation mit ord.
wieder auszuschalten.
Takt 19: Die Akzente in den hohen Streichern sollten nicht zu kurz sein,
daher ist die Bezeichnung ord. und
damit die Rückkehr zu „sus vibr“ sinnvoll.
Die
Zusammenarbeit zwischen der Notationssoftware und der Soundbibliothek kann recht
schnell zu zufrieden stellenden Ergebnissen führen. Voraussetzung dafür ist zum
einen die richtige Abstimmung der
beteiligten Programme und Bibliotheken untereinander, zum anderen die funktionierende
Übersetzung von Technique- und Expression-Text z.B. in Keyswitches. Dies wird gewöhnlich
in Bedienungsanleitungen der Hersteller oder in Tutorials erklärt. Um Tipps für
die Feinabstimmung und weitere Tweaks zu erhalten, muss man oft länger in den User-Foren
suchen.
In
den folgenden Szenarien werden Fragen der Feinabstimmung immer mehr in den
Vordergrund rücken, allerdings immer unter der Prämisse, dass der Aufwand dafür
in einem gewissen Rahmen bleibt.