Improvisiertes Material wird zu einem Trailer
Eine
alltägliche Situation: Beim Experimentieren am Keyboard entstehen immer wieder
kleinere Einfälle, die man später wiederverwenden könnte. Möglicherweise für
einen neuen Trailer. Nachdem eine
Auswahl getroffen wurde und die Ideen in eine gemeinsame Tonart gebracht
wurden, müssen sie Schritt für Schritt musikalisch ausgearbeitet und zu einem
sinnvollen Ganzen zusammengefügt werden. Hier wird "ein" möglicher
Weg gezeigt.
zum Vergrößern
klicken.So könnte man vielleicht vorgehen:
Die ‚Idee eins‘ hat genügend rhythmische und harmonische
Energie, dass man sie auf jeden Fall noch einmal wiederholen sollte.
Wortwörtliche Wiederholung ‚kann‘ gut klingen, eine leichte
Variante des Materials könnte aber wesentlich reizvoller sein.
So könnte man vorgehen:
Die ‚Idee zwei‘ könnte originalgetreu übernommen werden. Eventuell lohnt es sich, die Artikulation etwas zu verfeinern. Und für den Trailer könnte man sie ein weiteres Mal wiederholen, wobei die Dynamik beim 2. Mal eine Stufe lauter ist.
So könnte
man vorgehen:
'Idee drei' könnte man mehr Raum geben als dem bisherigen
Material, indem man die zwei Takte der Vorlage zu einer klassischen 8-taktigen
Periode erweitert. Damit es nicht zu eintönig wird, könnte
man die Melodiestimme leicht variieren. Der ständige Wechsel zwischen 4/4- und
3/4-Takt hat dabei einen besonderen Reiz. Danach könnte man z.B. die
8-Takt-Periode harmonisch verschieben: z.B. einen Ganzton tiefer von d-Moll
nach c-Moll. Irgendwie muss man zum Schluss kommen: z.B. durch Ausdünnen des
Satzes, ein Ritardando und eine unauffällige Rückkehr in die Ausgangstonart.
Als Schlussidee eignet sich 'Idee zwei' sehr gut: Beim ersten Mal
ab Takt 9 blieb dieser Groove innerhalb einer einzigen Harmonie. Für den
Schluss könnte man nun den Groove von 'Idee zwei' zwischen zwei Harmonien hin
und her pendeln lassen. Das wirkt einerseits wie eine Rückblende, ist aber keine
einfache Wiederholung. Und schon wäre die Skizze fertig...
Die Aufgabenstellung lautet nun: Aus dem Klaviersatz soll ein Orchestersatz werden. Dieser kann aber durchaus puristisch sein, d.h. Instrumente werden nur aus klanglichen Gründen eingesetzt. Es geht nicht darum, alle Instrumente zu „beschäftigen“. Weiter geht es.
zum Vergrößern
klicken.Es steht ein Standardorchester mit folgender Besetzung zur Verfügung: 2 Flöten, 2
Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Percussion, Streicher (abgekürzt: 2, 2, 2, 2 –
4, 2, 3, 1, timp, perc, str).
Wie eingangs
erwähnt, können die Instrumente hier nach rein klanglichen Gesichtspunkten
eingesetzt werden. Einige (klassisch-romantische) Instrumentationslehrbücher
raten von dieser Technik ab, da die Komponisten der damaligen Zeit auch nicht
so gearbeitet hätten. Gerade in der Filmmusik wird diese eher effektvolle
Arbeitsweise aber gerne eingesetzt.
In diesem Szenario wird nur "eine" von vielen möglichen Lösungen demonstriert, denn je nach Geschmack gibt es verschiedene Möglichkeiten für die Ausarbeitung.
Man wird aber sehr schnell feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, Instrumente zu finden, die dem Charakter der Klavierstimme in diesem schnellen Tempo nahe kommen. Außerdem sollte das Ergebnis "live spielbar" sein. Das heißt, es sollte nicht nur auf dem Computer spielbar sein.
Da hier kein Klavier im Orchester spielen soll, ist es nicht so einfach, den perkussiven Charakter auf andere zu übertragen. Für dieses Szenario wurden auch keine Mallet-Instrumente gewählt, die dies vielleicht am besten hätten leisten können. Also insgesamt: erschwerte Bedingungen.
Das Video zeigt exemplarisch die Positionen von Idee 1 - 3 in der Partitur. Das enthaltene Audio ist noch nicht bearbeitet.
zum Vergrößern
klicken.Die abschließende musikalische Ausarbeitung erfolgt nach den in Szenario 6 vorgestellten Prinzipien:
)* je nach gewählter Sound Library
)** je nach Geschmack
)*** je nach Geschmack z.B. mit dem Plugin Graphical MIDI Tools (GMT)
)**** je nach Geschmack: Setup hier: Vienna MIR Pro 3D, Sage Hall One – Mic 1+2 HOA – 3D FLOOR – 5.(1).4
Ein wenig Musik improvisieren, die Fragmente musikalisch sinnvoll zusammenfügen, einen ersten Klaviersatz erstellen, das Material auf ein Orchester übertragen, Dynamik, Artikulation und Phrasierung erarbeiten, MIDI-Automation zur Verfeinerung einsetzen und schließlich den Raumklang für die neue Besetzung optimieren: Das alles klingt zunächst einfach, ist aber in der Realität mit einiger Arbeit verbunden. Aber es lohnt sich, wie der Vergleich am Ende deutlich zeigt.