Wie man Musik verfeinern kann
In diesem Szenario geht es darum, wie ein Mockup mit wenig
Aufwand verfeinert werden kann.
Das Musikbeispiel ist ein Ausschnitt aus einem Jazz-Duo für
Kontrabass (gezupft) und Klavier. Aus Gründen der Übersichtlichkeit liegt der
Fokus in diesem Szenario nur auf dem Bass.
Die verwendete Musik wurde über das entsprechende Soundset
mit einer Soundbibliothek verknüpft. Zusätzlich wurden Plugins zur Raumsimulation
verwendet.
Upright Bass ohne Nachbearbeitung
Die Notationssoftware triggert mit Hilfe des passenden
Soundsets für den Kontrabass bereits ohne weiteres Zutun eine recht passable
Interpretation des fast blanken Notentextes.
Da noch keine Technique- und Expression-Texte notiert sind,
wird die Bassstimme komplett in der „Normaleinstellung“ gespielt: „Sustain“ – „non
vibrato“ – „stopped“. Die Tondauer richtet sich dabei nach der notierten
Notenlänge, lange Töne erhalten kein zusätzliches Vibrato, das Tonende wird mit
einem „Stop“, also einer Dämpfung, erreicht.
Die verwendete Soundbibliothek enthält aber weitere Artikulationen,
die über den Technique-Text aktiviert werden können. Je nach Geschmack lassen
sich diese nun ohne großen Aufwand einsetzen. Die Texte dienen den Musikern
auch als Interpretationshilfe beim Live-Spiel.
Keyswitches für Artikulationen, die nicht im Soundset enthalten sind (z.B. Damp, Noises: Slides up/down, Finger stop, Body notes), können innerhalb von Sibelius durch Angabe der entsprechenden MIDI-Tastennummer (z.B. C0 entspricht ~N24,64) aktiviert werden (s. Szenario 3 oder Sibelius Reference „MIDI Messages“).
Notation Central von NYC Music Services hat für Sibelius User ein Plugin entwickelt, das die oben beschriebene umständliche Vorgehensweise erleichtert. Mit Graphical MIDI Tools (GMT) kann man wie in einer DAW Startposition oder Dauer von Noten grafisch verändern, Automationskurven für MIDI Controller zeichnen oder mit versteckten „Phantom Noten“ Keyswitches für weitere Artikulationen erstellen. Dorico oder Overture von Sonic Scores haben diese Features bereits integriert.
In diesem Szenario werden einige gut klingende Varianten demonstriert. Dem persönlichen Geschmack sind aber keine Grenzen gesetzt. Der besseren Übersicht wird folgende Weg gewählt:
Mit
diesen Verfeinerungen klingt die Musik farbiger als vorher. Der
Zeitaufwand ist sehr gering. Wer sich mehr Zeit nehmen will, kann noch
wesentlich differenziertere Ergebnisse erzielen.
Die
Partitur kann bei Bedarf durch versteckten Text übersichtlicher gestaltet
werden. Die Praxis zeigt, dass die meisten Instrumentalisten die Technique-Texte nicht als
störend, sondern als Interpretationshilfe empfinden.
Zusätzlich
zu den Schritten 1 und 2 wurden für den Audio-Export zwei MIDI-Controller (CC
11: Expression und CC 8: Timbre Adjust) mit Hilfe des oben beschriebenen
Graphical MIDI Tools (GMT) wie bei der Arbeit mit einer DAW automatisiert.
Weitere im Soundset nicht vorgesehene Keyswitches werden durch „Phantom Notes“
ausgelöst. Auch hier gilt: Je nach verfügbarer Zeit kann der Sound noch weiter
verfeinert werden.
Die folgenden Grafiken zeigen die
Automationskurven im GMT-Plugin:
Die
Erstellung aussagekräftiger Mockups ist mit dieser Vorgehensweise ohne großen
Zeitaufwand möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass man bereits praktische
Erfahrungen im Umgang mit den Programmen und Plugins gesammelt hat und nicht
bei jedem Arbeitsschritt das Handbuch zu Rate ziehen muss. Für spätere Projekte
empfiehlt es sich, Setups oder Screenshots von wichtigen Konfigurationen zu
speichern.
Der
Vorteil dieser Arbeitsweise liegt darin, dass man als Arrangeur oder Komponist
immer die gestaltete Musik im Notenbild vor Augen hat. Im Hintergrund lösen
Keyswitches, die auf Technique- oder Expression-Texte reagieren, die
gewünschten Artikulationswechsel aus. Automationskurven können den Klang
zusätzlich verfeinern.